Was das Bier für den Deutschen ist, ist das Fleisch für die Mapuche: Es darf zu keiner Festlichkeit fehlen und wenn es zu sich genommen wird, dann in rauen Mengen. Alfonso, Rosita, Nikolas und ich waren vor Ostern auf einem Mapuche-Fest. Diese finden zur Zeit überall in den Gemeinen statt, und hat Erntedankcharakter. Weil jetzt die Zeit der Fülle ist und der Winter bevorsteht. Man feiert also die fetten Monate des Sommers und speckt sich selbst somit an, sowie den Haushalt ab, denn wie in jedem Sommer hat man jetzt ein bis zwei Tierchen zuviel im Stall, oder besser gesagt Garten, stehen. Da man sie nicht durch den Winter bringen kann, der ein oder andere hat sicher beide Hände voll zu tun sich und seine Familie durch den Winter zu kriegen, kommen sie jetzt auf den Grill damit sich alle ein Scheibchen abschneiden können.
Der Ablauf eines solchen Festes ist immer gleich: Am ersten Tag (Freitag) feiert die einheimische Gemeine allein. Auswärtige (Mapuche oder Winka spielt in diesem Fall keine Rolle) dürfen sich einen schönen Abend wo anders machen, denn beim Fest haben sie definitiv nichts verloren. Für die die es nicht glauben wollen und trotzdem vorbeischauen stehen Reiter mit Knüppeln bereit und zeigen einem gerne den Weg nach Hause. Stell sich das mal einer auf dem Oktoberfest vor! Naja, in Deutschland darf halt jeder seinen Arsch dabei haben, ob das Fest deswegen schöner ist weiß ich nicht. Ich habe mir sagen lassen es werde getanzt und gegessen, genauer geht mich das nicht an, ich soll in 4 Jahren kommen, wenn unsere Gemeinde mit Feiern dran ist, bis dahin soll ich die Tradition respektieren und mich in Vorfreude üben. So sind sie halt, aber ist nur halb so schlimm, am zweiten Tag (Samstag) darf nämlich jeder zuschauen. Wir aus der Nachbargemeinde auch! Hin geht es mit dem Auto, mit dem wir die vielen Pferde und Ochsengespänne überholen, die auch zum Fest fahren. Vor Ort weisen uns Reiter mit (heute) Ruten den Weg zum Parkplatz und hinter dem Stacheldraht nehmen wir dann Platz. Das ist in etwa 200 m Abstand zum Geschehen. Der Vormittag gehört noch immer der Gemeinde. Gegessen und getrunken wird allerdings nicht, eine Art Fastenzeit 🙂 . In einem Halbkreis stehen provisorische Holzhütten auf dem Feld eines Bauern, diese bieten den feiernden Familien als Sonnen- und Windschutz. Die Öffnung des Halbkreises zeigt nach Osten, dem Norden der Mapuche, dort steht auch ein Altar um den sie herumfeiern, samt Tiere, teils auf dem Feld, teils über dem Feuer. Nur Hunde werden vertrieben, da diese Schmarotzer sind. Alles in Allem ein Bild irgendwo zwischen Kaltenberger Ritterspielen und Stall zu Bethlehem. Die Reiter in Ponchos und den typisch chilenischen Hüten (niedrig aber breit) reiten um die Feierlichkeiten und passen auf. Die Zeremonie habe ich zwar dann noch gesehen, werde sie aber erst beschreiben wenn ich die ganze in der Schule gesehen habe und die Erklärungen gehört habe, ich will ja kein Halbwissen verbreiten wenn es sich vermeiden lässt! 😉
Um 16 Uhr geht es dann endlich zur Sache. Die Tänze und Riten sind vorbei, die Mapuche müde und das Fleisch fertig. Lange haben sie es über dem Feuer vor ihren Hütten gedreht. Jetzt wird gegessen was im Winter keinen Platz mehr findet: Schweine, Kühe, Ochsen, Geflügel, Pferde. Zuerst essen sich die Familien satt, dann geben sie ihren Freunden und danach den Zuschauern, uns hinter dem Zaun. Das kann dann schon nochmal etwas dauern, aber es lohnt sich!!! Wir bekommen einen großen Teller voll mit Fleisch gereicht. Der eine bringt Schwein, der andere Pferd. Ich weiß nicht mehr wie viel und was genau ich alles gegessen habe, aber Pferd war es sicher, weil es wertvoller ist als der Rest, hat sich Alfonso genau gemerkt von wem er es bekommen hat und hat mir zuerst gegeben. Er merkt es sich, weil man hier nichts bezahlt, man merkt sich wer einem gegeben hat und gibt ihm wenn man selbst feiert. das System funktioniert leider nur unter Mapuche, da bei Festen der Winkas meist bezahlt wird, was unsereins einen asozialen Beigeschmack verleiht. Die Mapuche leben nämlich seit jeher in kommunismusähnlichen Gemeinbesitzverhältnissen, der hier gut zu funktionieren scheint. Ärger gab es deshalb jedenfalls selten unter den Stämmen. Wir schlagen uns also den Ranzen voll, mit purem Fleisch. Wenn du Beilagen willst bringst du sie dir selber mit, den hier wird „echtes“ Essen gegessen! So sagen sie hier. Arme Vegetarier also, aber die gibt es hier eh nicht, kein Grund also zur Rücksichtnahme. Zum Sonnenuntergang ist dann alles gegessen, was uns gegeben wurde. Die Gemeine feiert weiter und hört auf wann sie will, ob das nun Sonntag oder Montag ist. So genau nehmen sie das hier nicht so! Das verleiht ihnen dann aber seitens der Chilenen den Ruf faul zu sein, weil sie feiern und nicht arbeiten gehen. Stimmt auch, man muss aber sehen, dass der Großteil der hier feiernden nicht in der Stadt arbeitet sondern auf dem heimischen Hof, wo es deren Angelegenheit ist ob sie arbeiten oder nicht. Selbstverantwortung nennt das dann der Deutsche und hält sich raus. Wobei man bemerken sollte, dass die Mapuche, aber die Chilenen genauso, etwas langsamer (bei Feiern und Arbeit) zu Werke gehen als der Durchschnittsmitteleuropäer, aber ihre Arbeit machen sie aber. Faulheit ist aber die Arbeit nicht zu machen, also sieht es nur so aus als wären sie faul, in Wirklichkeit sind sie langsam, was der Bayer an sich oft als Gemütlichkeit und somit als Tugend empfindet. Also nochmals Vorsicht bei den Vorurteilen! 🙂
Erkältet habe ich mich auch bei dem Fest, weil Abends dann ein kalter Wind ging, ist aber schon wieder gut!