Seine Fahrt durch die Wüste

August 22nd, 2009

(aus der Sicht unseres Fahrers)

Tag 1:

Scheiß Chilenen! Die Idioten gönnen uns auch gar nichts. Ich warte nun schon geschlagene 5 Stunden und meine Touris werden auch immer pampiger. Immer das gleiche, die benutzen jeden Anflug von schlechtem Wetter als Vorwand, die Grenze zu sperren und wir Fahrer stehen dann da. Ich will doch nur die nächste Ladung für die 3-Tages-Fahrt abholen und die Anderen wieder in dieser Psyeudozivilisation abliefern. Ich mache das nun schon fast drei Jahrzehnte und es ist immer das gleiche. Nach nochmal zwei Stunden kommen sie endlich. Diese verplanten Nullen schaffen es noch nicht mal, sich richtig in der Passkontrolle anzustellen, wie haben die es nur aus ihrem Land geschafft? Das kann doch nicht so schwer sein. Und die Ersten lachen auch schon wieder. Reiche Schnösel. Ich weiß nicht wer schlimmer ist, die Schnösel oder die Weltversteher, die so tun als wäre es nicht so schlimm, dass mein Land am Boden liegt.

Ich packe sie also ein und wir fahren zum Nationalparkeingang, um den Eintritt zu bezahlen. Ich warte erstaunlicherweise dieses Mal vergeblich auf die sonst üblichen Beschwerden, aber dann beim Mittagessen enttäuschen sie mich nicht. Die Mädls starren und kichern auf das Essen. Und meine alte Bekannte aus der Küche lachen sie auch aus. Merken die das nicht, wie Daneben das ist? Aber ich bin ruhig und bereite lieber mal das Auto vor. Ich kann denen eh nix sagen, die wissen ja immer alles besser.

Gut, sie sind gemästet und die Frage nach dem Klo bleibt auch nicht aus. Wie zu erwarten: mehr Schockierung und peinliches Gekicher. Man muss die Sprache nicht verstehen, um zu verstehen. Ich stelle mich vor: Edgar. Die Gringos mögen Vornamen, weil das persönlicher ist und ich bin froh, wenn sie überhaupt Spanisch können, die Höflichkeitsformen zu beherrschen wäre für sie auch zu viel des Guten. Beim Scherz um meinen Spitznamen Charles Bronson (wegen der Stimme) lacht keiner. Das passiert in letzter Zeit öfter, sie kennen den guten Mann wohl nicht mehr, diese verzogenen Küken.

Danach das Übliche: Stille und Fotos. An jeder Lagune, an der ich halte: Kurzes Geschnatter, Fotos und dann wieder Stille im Auto. So geht das bis zum Nachtquartier, wo Stille und Fotos durch Meckern und Kichern über Betten, Haus und Essen abgelöst wird. Mir ists schon wieder egal, ich koche, räume her, räume ab und vergnüge mich dann mit den anderen Bolivianern in der Küche, wo es schön warm ist bei ein paar Bierchen und einem Kartenspiel. Hin und wieder schaue ich nach dem Touri, der seinen Schlafsack vergessen hat und die Höhenkrankheit hat. Es gibt immer so Einen…

Tag 2:

Ja, da schaut ihr, so ein Auto muss man eine halbe Stunde vor dem Losfahren starten und anwärmen! Ja, es waren auch gut -15°C heute Nacht, habt ihr vielleicht gemerkt, bevor ihr über die Klos gelacht habt. Meine Touris sind aber eigentlich ganz OK. Die meisten können pasabel Spanisch und ich muss nicht auf Englisch erklären. Aber still sind sie. Der neben schaut immer nur. Ist der so fasziniert oder taugt es ihm nicht? Wie kann man von der öden und eintönigen Landschaft so fasziniert sein? Der hinter mir ist wohl sein Kumpel, mit dem redet er hin und wieder. Der macht aber nur Fotos, andauernd. Die beiden Mädls kichern kaum, sie scheinen sehr gelassen zu sein. Ich frage mich, ob sie meine Heimat langweilt, oder ob sie vielleicht nicht gar so verzogen sind. Ihr Spanisch ist jedenfalls exzellent, wenn da nicht dieser dümmliche chilenische Akzent wäre… Oh nein, ein Pärchen hab ich auch ganz hinten im Auto sitzen, na das kann ja heiter werden.

Weil von den Affen keiner was sagt, lege ich mir mal Musik ein. Panflötengedudel sollte ihre Klischeevorstellungen befriedigen. Sie tauschen zufriedene, bedeutungsvolle Blicke aus, na also! Nach einer Stunde nervt mich das Geleier selbst und ich lege richtige Musik ein, die ich mal vom Radio aufgenommen hab. Die Texte verstehe ich natürlich, nicht aber der Rythus ist gut zum auf dem Lenkrad trommeln und ich mag die BeeGee-Stimmen immer fast mitsingen: „Seari, Seari Ledi, pampampam pam param“. War ja klar, dass die das wieder amüsant finden. Bei dem Lied, bei dem ich nur sowas wie „Africa“ verstehe, singen dann die Mädls aus der Zwischenreihe schon mit. Na dann.

Ansonsten immer nur Fotos und Stille. Erklären muss ich wenig, nur der Typ neben mir fragt immer komplexe Sachen, die ich nicht wirklich erklären kann. Die einfach Antwort, so wortkarg und direkt wie seine Frage, muss ihm Wohl oder Übel reichen. Wenigstens kann er die Höflichkeitsform. Ich finde er wirkt dadurch aber nur noch kühler. Is sicher Deutscher.

Abends gönne ich ihnen warmes Wasser zum Duschen. eine Stunde, das muss reichen. Mehr gibt das Budget des Hostels auch nicht her, egal was die glauben mögen. Und irgendwie freue ich mich beim Anblick der anderen Reisegruppen, dass meine so schön still waren. Was da noch so unterwegs ist… Oh, je!

Tag 3:

Wieder mach ich Frühstück. Während die Söhne und Töchter der feinen Länder futtern, bereite ich wieder das Auto vor. Letzter Tag, danach wieder von vorne. Nachdem heute der wohl beeindruckendste Teil kommt, wohl nochmal viele Fotos, viel Stille. Ich werde wohl auch ranmüssen mit fotografieren und fotografiert werden. Wie ich das hasse. Ich warte nur auf die fast schon obligatorischen „Wenn du mal in XXX bist, dann zeig ich dir YYY…“-Scheiße. Ich schließe innerlich Wetten ab, wer es wohl als erster sagt. Das Pärchen sicher nicht.

An der Insel ist auch ein guter Moment mal deren Gedanken in Richtung meiner Lage zu lenken, mir  geht nämlich das Benzingeld aus und ich bin mir nicht sicher, ob die glauben, dass ich Trinkgeld gut gebrauchen könnte. Ein Hinweis auf das Geldleihen reicht und der Fluss kommt in Gang. In Uyuni gebe ich das geliehene Geld zurück und bekomme Trinkgeld. Da ich wider erwarten mehr bekomme als üblich, biete ich ihnen an ihr Gepäck sicher zu verstauen. Ich mache das normalerweise wärend der Siesta nicht, aber diese Gruppe scheint mir irgendwie ans Herz gewachsen zu sein. Egal, morgen geht’s wieder zurück, um welche abzuliefern und Neue zu holen, und ich frage mich, wieviele Schnösel und wieviele Weltversteher wohl dann dabei sein werden…

Lang ist’s her…

August 22nd, 2009

In Temuco war so viel los und in der Wüste gab’s kein Internet, drum gibt es erst jetzt wieder was Neues zum Lesen.

Zu allererst: Es geht uns gut! Wir waren in der Atacamawüste auf chilenischer Seite und sind dann auf eine 3-Tages-Tour durch die bolivianische Wüste gestartet, die am Salar de Uyuni endete. Danach gings über La Paz nach Copacabana an den Titikakasee. Von dort aus sind wir nach einigen Tagen nach Peru, genauer gesagt Machu Picchu, Cuzco und Arequipa weiter, bovor wir in einer Wahnsinnsaktion in 38 Busstunden (48 Stunden insgesamt) bis nach Vina gefahren sind. Von dort wird jetzt auch wieder geschrieben…

Voll im Bilde!

Juli 25th, 2009

Ich hab’s endlich mal geschafft Bilder hochzuladen!!!

Habe viele mehr, weil die Kamera vom Axel abgeht wie sau! Aber bei der Geschwindigkeit und der Umständlichkeit hier bleibt die Bildergalerie überschaubar. Aber besser als nix, oder?

Wie immer rechts unter Links steht „Bildergalerie“! 🙂

Busboot

Juli 25th, 2009

Dass die Busse in Südamerika gerne Flugzeuge wären, habe ich ja schon einmal geschrieben. Den Schiffen geht es hier nicht anders, auch sie möchten gern so sein wie die so angesehenen Flieger. Als wir von Buenos Aires einen Tagesausflug nach Uruguay gemacht haben, waren wir etwas blauäugig eine Stunde von Abfahrt am Hafen. Wer hätte gedacht, dass das noch knapp werden könnte! Aber wenn man erstmal sein Ticket hat, was die übliche Bürokratie hier bedeutet (also 3x hin und her zwischen zwei Schaltern am jeweils anderen Ende der Halle), muss man einchecken wie im Flughafen. Es wird gewogen, gescannt und kontrolliert wie bei den Grossen. Weil man aber weiss, dass das gerne mal dauert haben sie das Gebäude echt schön hergerichtet, mit einem Wasserfall vom 2. Stock ins Erdgeschoss und modernen Lichtern und so Zeug. Damit man es auch merkt, dass man gerade etwas tolles sieht beim Warten wird man recht aufdringlich darauf hingewiesen mit Schildern und Werbespots für das Fährunternehmen. „Geniessen sie unser Gebäude!“ Ja, genau machen wir um 7h morgens, auf dem Weg hoch zum Zoll und der Passkontrolle. Dort warten schlecht aufgelegte Grenzbeamte mit einem Stapel Blättern zum ausfüllen. Hat man alles richtig gemacht bekommt man nen Stempel von Uruguay, cool, jetz hab ich den auch! Danach wird man an Board begrüsst, Zeitungen liegen aus und der Fernseher läuft schon. Was im Flugzeug nicht geht ist eine Tangoshow, bei der sich die Passagiere auf der Bühne nach allen Regeln der Kunst blamieren können. Alles das Bietet der Buquebus!

In Uruguay geht es dafür etwas rustikaler zu, eben so als ob man gerade eben auf einem Provinzflughafen gelandet wäre. Egal wie, dieses Südamerika ist einfach immer ein hingucker, egal ob sie das geplant haben oder nicht. Colonia selbst ist ein verschlafenes Tourikaff, das davon lebt dass die Währung Uruguays gegenüber der argentinischen so schwach ist. So ziemlich genau das, was Mendoza (Argentinien) für Santiago (Chile) ist; nur eben nicht an den Bergen sondern am Meer.

Nach dem Sturm kommt die Ruhe

Juli 25th, 2009

Wie laut Buenos Aires wirklich ist weiss man erst wenn man nicht mehr dort ist. Da Tag und Nacht in Sachen Lautstärke innerorts keinen nennenswerten Unterschied machen, sind wir weiter nach Cordoba gezogen. Cordoba kennt man in Österreich weil die da mal einen Ski-Weltcup oder so gewonnen haben oder so, ich kenn mich da nicht so aus. Die ansässigen Deutschen, und das sind dort einige, machen es sich seit Ende der 40er dort in den weiten der nördlichen Pampa gemütlich und kennen Cordoba von einem Fussballspiel bei dem Deutschland gegen sich selbst spielte und 5:0 gewann. Die örtliche Legende besagt, der Zeugwart habe nicht genug weisse Trikos gehabt und deshalb mussten 11 Spieler in weiss und 11 in rot spielen. 😉

Westlich von Cordoba liegt ein kleiner Gebirgszug, Voranden sozusagen. Bis zu 2.000 m NN hoch erheben sich die zaghaften Gipfel dort und sind bis oben hin mit gelben Büschelgras bedeckt. Stundenlang wandert man so dahin, dass man gerade auf 2.000 m ist merkt man kaum. Das Erlebnis kann man wohl am besten mit einem Abschnitt vom Jakobsweg beschreiben. Die Abgeschiedenheit und die Kargheit der Landschaft versetzen einen in einen fast schon meditativen Zustand, in dem man stumm und andächtig einen Schritt vor den anderen setzt. Hin und wieder hält man inne um die atemberaubende Umgebung zu geniessen. Ein Hügel, ein Tal, ein Berg eingehüllt in gelben Flaum, umarmt vom tief blauen wolkenlosen Himmel. Und eine Stunde später: ein neuer Hügel, ein neues Tal, ein neuer Berg und es wird einfach nicht langweilig, weil sich das licht verändert hat und alles anders ist und doch so gleich.

Wir steigen in ein tief eingekerbtes Tal ab. Am Fluss unten ist Pause, dann geht es auf der anderen Seite wieder hoch. Am Gipfel erwartet uns ein majestätischer Ausblick und eine Audienz beim König. Ganze fünf Condore ziehen ihre Kreise über unseren Köpfen. Ohne einen einzigen Flügelschlag gleiten sie über die Pampa. Unbeschreiblich imposant und respekteinflössend. Ein Condor hat immerhin eine Spannweite von gut 2-3 m! Den 10x Zoom brauche ich heute nicht, die Vögel kreisen nur wenige Meter über uns (Fotos kommen natürlich noch!!! Ich brauch noch ein Computer der das hochladen packt!). Das ganze ist so unglaublich schön wie es beängstigend ist, der Condor ist immerhin Aasfresser; aber er will bestimmt nur was von unseren guten Salami.

Der Weg führt uns zurück durch die absolute Stille der Pampa, in der dein Herzschlag das lauteste ist was du wahrnehmen kannst, und auch der scheint sich der Umgebung anzupassen und ruhiger zu werden. Wenn dann die Sonne ihr Licht hinter den Anden abdimmt weiss man, dass die Vorstellung aus ist und man heimgehen kann. Und irgenwie hat man das Bedürfnis zu applaudieren…

Leben und Reisen in Zeiten der Grippe

Juli 25th, 2009

Ach, was muss man oft von bösen Grippen hören oder lesen… oder gerade nicht? Am Vorabend meines Abflugs habe ich noch einen kurzfristigen Anruf bekommen wie es um die Schweinegrippe in Argentinien und Co. steht: 44 Tote, ~40.000 infiziert. Bei unserer Ankunft haben wir davon nix gehört oder gesehen. Kein Wunder, waren doch am Wochenende vorher Präsidentenwahlen und wer mag schon solch beunruhigende Nachrichten verbreiten wenn man gerade den Geruch der Korruption wenigstens für ein Wochenende hat übertünchen können. Darum schwiegen die Medien und die Leute gingen brav zur Wahl (einen Denkzettel gab’s trotzdem!). Mit Zensur hat das natürlich nichts zu tun, das nennt man Pressefreiheit. Denn wer nachher informative Interviews zeigen will, weiss was er voher nicht berichten mag. Jetzt nach der Wahl kommen sie aus den Löchern gekrochen mit ihren Warungen und Schreckensbildern, klar, wer will denn jetzt noch von der peinlichen Wahlschlappe berichten wenn man die Schweinegrippe schon vorbereitet zur Hand hat?

Und so sieht man jetzt Warnungen auf Spruchbändern, Leuchttafeln, Postern und sogar in den Medien. Gut, dass wir Pressefreiheit haben, sonst hätten wir es nämlich NIE erfahren! Und was da mit den Vorwürfen gegenüber den Politikern war erfahren die Argentinier sicher auch sobald er mal tot ist… irgendwann.

Die Leute hamstern jetzt also „Alcohól en gel“, wer zu langsam ist, muss sich mit alcohól en agua (zu gut Deutsch Spiritus) begnügen. Ein bunter Schwarzmarkt spriesst nun aus allen Ecken und Enden der Stadt, sogar die Putzfrau im Hostel bietet uns ein Fläschchen Spiritus zum doppelten Preis an. Wir lehnen danken ab, weil uns unser weisses Gesicht gerade eben in der angeblich ausverkauften Apotheke noch zu einem Fläschchen verholfen hat. 50 Cent, das ist fair. Ich bin mir aber irgendwie sicher, die Apothekerin hätte noch die angenehmere Gelvariante gehabt, wenn wir einen Anzug getragen hätten!

Nun können wir uns beruhigt immer die Hände desinfizieren, wenn uns danach ist. Nach der Busfahrt, vor dem Essen; nach dem Händeschütteln, vor dem Kratzen. Das freut die Chemieindustrie und wir werden sicher über Unregelmässigkeiten bei der Verteilung und dem Verkauf der Desinfektionsmittel erfahren sobald die Lagerbestände nach der Grippe wieder zu gross werden. Das beruhigt – wie das Spiritusfläschchen selbst…

… Wenn das nicht dieses Misstrauen wäre sobald einer Hustet oder Niesst.

Wir haben im Hostel einige Mediziner getroffen, die ein Praktikum in Buenos Aires machen. Denen ist die Grippe scheissegal. Die laufen auch im krankenhaus ohne Mundschutz zwischen den Patienten herum. Haben die jetzt eine Info die wir noch nicht haben oder waren sie auch auf die Wahrheit aus den Nachrichten? Irgendwie wäre mir mal ganz recht wenn diese Pressefreiheit etwas schneller wäre. 🙁

In Chile werden wir jetzt bestens über die Situation in Argentinien informiert. Weit über 150 Tote und Millionen infiziert. Diesseits der Anden ist die Lange viel entspannter: etwa 20 Tote und nur 15.000 infiziert. Klar, „wir haben den Verkauf der Desinfektionsmittel besser koordiniert“, sagt ein Sprecher eines Pharmakonzerns. Nach dem Kurzinterview folgt ein Beitrag zum Besuch des Präsidentschaftskandidaten der konservativen Partei bei einigen Mapuche um Temuco, man schenkt ihm einen Poncho. Meine Leute regen sich tierisch auf, was ein Konservativer bei ihrenn Leuten will, die Wählen den Affen eh nicht. Zum Schluss der Nachrichten dann das Wetter. Das ist was für Reisende, nun passen wir auf. Und so geht es weiter, gut informiert und beruhigt… und alles wird gut.

Taxi, Taxi

Juli 12th, 2009

Dass die Taxler ihre Handbremse mal gern am Mittelstreifen ausrichten um dann zu schnell zu fahren hab ich glaub ich in einem alten Eintrag schon einmal geschrieben. Ich kann das nur nocheinmal bestätigen. Schon die erste Fahrt vom Busbahnhof zum Hostel letzte Woche war so ein Spass. Ich wusste ja was kommen würde und konnte mich rechtzeitig einspreizen. Franz wusste es noch nicht, und ich habs vergessen ihm zu sagen. So sass er recht angespannt in der Mitte auf der Rückbank zwischen mir und einem anderen zunehmend nervöseren Touri. „Wahnsinn“ triffts wohl am ehesten. Die wilden Schlänker begründen sich in Überholmanövern und Schlaglöchern, völlig unvorhersehbar sind beide. Aus einer 4-spurigen Strasse machen die Taxler geschickt eine 6-spurige, gerne auch noch breiter. Dazwischen quetschen sich die Mofas und Fussgänger. Mal noch schnell von ganz links rüberziehen zum Rechtsabbiegen ist nichts Besonderes, wird aber dennoch mit einem kurzen Hupen angekündigt, damit sich der Kollege rechts nicht zu sehr wundert warum wir quasi quer zur Fahrbahn fahren.

Aber nicht jeder rast. Wir hatten auch einen rund 80-järigen der sein Taxi locker bis zur roten Ampel ausrollen liess und im 3. Gang anfuhr. An der Ampel war er trotzdem der erste der losfuhr; die Ampel wurde grün im letzten Moment als ich sie noch sehen konnte, also als wir schon lägst drüber waren. Aber mit uralter Tangobeschallung aus dem Radio fühlte man sich trotzdem irgenwie sicher. Warum eigentlich…

Unser tägliches Steak gib uns heute…

Juli 12th, 2009

Wie es sich hier gehört futtern wir hier ordentlich viel Fleisch. Ja, und wir haben es auch durchgehalten jeden Tag eines dieser tellergrossen, bibeldicken Fetzen zu essen. Für rund 40 arg. Peso, was etwa 8 € entspricht, darf man so einen saftigen Traum sein Eigen nennen und sein perfektes Grillmuster bewundern, es beschnuppern oder es einfach nur zu essen. Wenn noch Platz im Magen sein sollte nach so nem halben Kilo kann man gern auch noch die Pommes dazuessen wenn man mag, der Fleischnachgeschmack geht halt dann flöten.

Ich bekomm schon wieder Hunger, dabei ist es erst 9:36… mal schauen wie das Fleisch hier in Cordoba so ist…

Gut zu Fuss

Juli 9th, 2009

Wenn man schon da ist, dann will man auch was sehen; und drum geht man auch zu Fuss. Franz und ich haben uns dann auch gleich zwei Tage lang in Folge auf Schusters Rappen bzw. Schimmel (Franz hat weisse Schuhe!) gemacht.

Tag 1: Der Klassiker

Zum Aufwärmen (nicht dass wir das bei den milden Temperaturen nötig gehabt hätten) gings von unserem Basislager am Innenstadtrand mitten rein ins Getümmel jenseits der Avenida 9 de Julio. Dieser immerlaute Traum auf jeweils sechs Spuren ist die Definition einer Prachtstrasse. Nicht in dem Sinn, dass dort irgendjemand Gold über alle Anrainerhäuser gekotzt hätte, aber die 9 de Julio besticht durch schiere Grösse, Lautstärke und das unüberblickbare Chaos. Aus der Masse der schwarzgelben Taxis heben sich Oberklasseautos und Oldtimer Rostkübel gleichermassen heraus und schwenken, sich in ihrer Formation nie wiederholend, in eine knallbunte Blechchoreographie ein, welche durch eine auf Hupen, Quietschen und Ächzen basierenden Lärmsinphonie ergänzt wird. Und so tanzen die Argentinier in ihren Blechanzügen diesen ganz aussergewönlichen Tango um den Obelisken in der Mitte dieser überbreiten und überlangen Freilufttanzflächedie sie Avenida 9 de Julio nennen.

Hindurch die  teils renovierten teils verkommenen Häuserschluchten spazieren wir zielstrebig zum Hafen. von der guten Luft, die der Stadt als Namenspatronin diente, ist weit und breit keine Spur. Vor allem nicht wenn man sich erstmal verlaufen hat und planlos irgendeiner grossen Ausfallstrasse folgt, die grob in die gewünschte Richtung zu gehen scheint. Doch wenn einen dann die grellen Farben der alten Häuser blenden ist man endlich am Ziel: La Boca. Natürlich für die Touris in Schale geworfen präsentiert sich das Zuhause der Boca Juniors [für Unwissende: so eine Fussballmannschaft aus dem Vorort La Boca, die irgendwie jeder zu kennen scheint der mal von Diego Maradonna gehört hat und den argentinischen Fussball von mehr kennt als dem Viertelfinale der WM2006. La Boca ist relativ kurz erklärt: Abzocke da wo Touris sind (ja, klar haben wir auch Fotos gemacht mit so Tangoschnitten) und erschreckende Armut abseits davon.

Das Fuballstadion war natürlich ein Highlight. Den Rest kannte ich schon aus Valpo & Co, arrgonat wie das jetzt auch klingen mag.
Der Rückweg über das Künstlerviertel San Telmo viel dann etwas artistischer aus. Statt den quietschbunten Farben finden sich jetzt filigrane Wandmalereien am laufenden Meter. Nur die staubigen Schaufensterscheiben von Antiquariaten und kleinen Cafés unterbrechen die Masse an Wuselbildern. Ich habe keine Ahnung wieviele km wir abgelaufen sind, aber das Tellergrosse Steak zum Abendessen war jedenfalls die beste Belohnung die man sich vorstellen kann und auch die perfekte überleitung zum Schlaf: einfach ein Taum!

Tag 2: Ruhe bitte!

Einen feinen Gegenpol zur Reizüberflutung vom Vortag sollte der besuch des Promifriedhofs von Buenos Aires in Recoleta sein. Tja, ruhig war es, aber weniger Reize? Fehlanzeige. Die Schönen und Reichen Argentiniens haben sich in gigantischen Mausoleen zur Ruhe gebettet und alle Welt kommt um fingerzeigend und gaffend ihre Ruhe zu stören. Ich kann gut verstehen warum. Der Friedhof spiegelt das Lebensgefühl hier gut wieder: Alles möglichst gross, eindrucksvoll aber immer irgendwie veraltert bis hin zu verfallen. Meterhohe Grufen ragen aus dem unebenen Boden und heben so den Schleier der Melancholie hoch genug, dass ein Hauch vom Glanz und der Lebensenergie der Lebenden hindurchwehen kann. Zum Einen also der perfekte Ort für eine Draculaverfilmung, andererseits steingewordene Lebensfreude (mit melancholischen Tangotouch, den bekommt man hier nicht los!). Stunden kann man hier verbringen und haben wir auch. Danach ging es noch nach Palermo, dem alten Ausgehviertel, das bei Tag nicht so recht den Charme verspühen wollt, den es zweifelsohne hat.

Wir kommen hin, wo der Tango her kommt

Juli 9th, 2009

Nein, die Freiheit über den Wolken ist NICHT grenzenlos. Schon gar nicht in der Holzklasse der TAM. Die eingeschlafenen Beine an die Rückenlehne des Vordermanns gepresst, der Magen gut geschüttelt, nicht gerührt; so sitzen wir im Landeanflug auf Buenos Aires und lauschen den Würgegeräuschen des Brasilianers zwei Reihen vor uns. Ob wir uns wohl auch besser die Tüte zurechtlegen sollten? Einen vorsichtigen Blick haben wir sicher beide schon mal in Richtung Plastiktüte geworfen, aber dann setzen wir auch schon unsanft auf der verregnten und windigen Startbahn auf. Ab dann ging es leichter. Passkontrolle, Geldwechsel, Bussuche – locker.

Wir entscheiden uns für das Milongahostel etwas abseits der pulsierenden Innenstad. Und von genau dort schreibe ich das hier jetzt auf einer Tastatur, auf der ich nur die Tasten qwypfgjkñz und x lesen kann. 😀