Schau, schau, Schamanen!

März 14th, 2008

Letzten Mittwoch war ich mit den anderen neuen Kollegen bei zwei Schamanen, oder Machi (das „ch“ immer wie „tsch“) wie man hier sagt. Das ist nötig, weil die Machi, meist Frauen aber auch Männer, die höchste Respektsperson des Stammes sind und deshalb müssen sie sich uns natürlich erst einmal anschauen bevor wir die Ehre haben Mapuchekinder unterrichten zu dürfen. Wir fahren also bis weit hinter Chol Chol um dort in der Hütte/Haus der Machi (Mann und Frau, die auch zusammen wohnen, was ungewöhnlich ist) zusammen zu essen.

Um das Haus laufen Schweine, Hühner, Truthähne sowie Hunde und Katzen, so riecht es dann auch. Alles hier ist sehr traditionell, besonders die Türen, mit ca. 1,70 m hohem Durchgang. Im Haus ist es dunkel. Bilder von Pferden, alte schwere Holzmöbel, stammesübliche Instrumente und Schmuckstücken, die auf den ersten Blick wie Traumfänger aussehen, zieren die Wände. Die Machi steht hinter einem großen aber niedrigen gusseisernen Ofen und kocht, während der Machi andächtig am Tisch sitzt und Tee trinkt als wir leise und respektvoll eintreten. Wir werden überschwänglich begrüsst mit „Mari Mari“ begrüsst, dem Gruß in Mapudungun. Der Machi ist echt sehenswert: Ein kleiner runder Mann mit einem Kopf so Rund wie sein Bauch und kurzen Fingern an einer riesigen Hand. Sehr eindrucksvoll, ohne dass er etwas macht verbreitet er Respekt und Ehrfurcht wie die Luft die den Raum ausfüllt. Seine Frau, die Machi, ist ebenso klein und rund wie er. Ihr Gesicht ist sehr typisch indigen: rund, mit hohen Wangenknochen und runden dicken Pausbacken, die aufgrund ihres alters nicht mehr ganz so füllig sind wie in ihrer Jugend, was ihren Gesicht mit den Tränensäcken eines Horst Tappert die Züge ähnlich einer Bulldogge verleit, aber freundlich. Das folgende Gespräch beim Essen geht über die Kultur der Mapuche und Religon im Allgemeinen. Der Machi war während der Diktatur gläubiger Katholik und findet auch heute noch viel Gutes am Papst, weil er bei seinem Chilebesuch gesagt hat die Mapuche sollen ruhig ihre Kultur bewahren, weil sie kostbar sei und Gott nichts gegen sie habe, er hat ja auch die Mapuche gemacht. Das verschafft Respekt. Der Papst ist in Chile eh gern gesehen, zumindest Johannes Paul II., weil er den Krieg zwischen Chile und Argentinien über Feuerland durch Verhandlungen abgewandt hat. Daran müssen sich die Protestanten hier messen lassen und schneiden dementsprechend schlecht ab in der allgemeinen Ansicht. Auch der Machi findet harte Worte, danach höre ich nicht mehr zu, ich bin müde vom vielen Zuhören und schaue mir lieber den Machi an. Seine Finger haben sicherlich einen Durchmesser von 3 oder mehr cm. Wahnsinn auch die beiden Ringe an seinen Ringfingern: schlichtes massives Silber mit einem großen Stern in der Mitte. Auf dem Kopf bindet ein Stirnband die langen grauen Haare nach hinten. Ein pfannenkuchengroßes Stück Fleisch verschwindet hinter seinen Händen, als es wieder auf dem Teller erscheint fehlt ein riesiges Stück, dass er mit seinen wenigen Zähnen herausgerissen hat. Ich glaube sein Mutter nannte ihn „Stiernacken“, ich hätte es jedenfalls getan, auch wenn das kein katholischer Heiliger ist. Wenn er lacht zucke ich fast, so laut drückt er die Luft aus seinem massiven Brustkorb den kurzen wurstigen Hals heraus. Auch die Machi hat ein Kreuz bei dem ein jeder Profischwimmer erblasst, auch die männlichen. Und so schaue ich und mache mir Gedanken, ein Vergleich dümmer als der andere, trinke Tee und schon fahren wir auch wieder. Nachdem der Machi nichts gegen mich hat, warum auch, er hat mich nichts gefragt, weil er dachte ich spreche kein Spanisch. Auf der Heimfahrt freue ich mich, dass ich nicht der einzige bin der das Genuschel von Don Roberto nicht immer versteht.

Fotos gibt es natürlich keine, weil die Machi das strikt ablehnen! Das wird sich auch die zwei Monate nicht ändern und auch für alle weiteren Feier etc. gelten! Schade, aber das muss man akzeptieren.

Unsere kleine Farm

März 5th, 2008

Nach der Übergangsfamilie in der Vorstadt von Temuco ging es am Montagmorgen zur Schule ca. 15 km außerhalb Temucos nahe einem verschlafenen, relativ typisch ärmlichen Nest namens Labranza. Die Schule selbst ist wirklich im Nichts. 15 Minuten Schotterstraße trennen sie von Labranza oder einer weiteren Einfahrt etwas näher bei Temuco. Ich wohne bei einer Mapuchefamilie 5 Minuten von der Schule (hier misst man alles in Zeit mit Auto oder Zeit zu Fuß, meine Angaben sind Autozeiten) ebenfalls mitten im Nichts! Aber es ist ein schönes Nichts, nicht so wie in der Unendlichen Geschichte, ganz im Gegenteil, unser Nichts ist dagegen eher reich bestückt mit einem Holzhaus, einer gefliesten Terrasse, zwei Hunden, vielen Hühnern und Küken, dazu einer Kuh mit Kalb und einem großen Weizenfeld vorm Haus. Sehr idyllisch und ruhig also das Ganze. Ich finde es ziemlich cool. Was ich vermisse ist ein Internetanschluss und warmes Wasser. Wir können uns aber sehr glücklich schätzen, denn wir haben Wasser, im Gegensatz zur Schule, die nur wenig weiter schon seit 1997 auf einen Anschluss wartet, aber der nette Herr vom Bildungsministerium hat uns am Montag versichert, dass wir im April sicher Wasser haben werden. Bis dahin sollen wir uns mit Regenwasser begnügen, klar kein Problem, weil es hier im Hochsommer ja so oft regnet! Dem Spaßvogel ist das sehr wohl bewusst, immerhin wohnt er auch in Temuco und hat seit November erst einmal Regen gesehen, aber die Ausrede zieht seit gut 10 Jahren warum also nicht auch dieses Jahr. Ihr merkt, hier geht es etwas anders zu als im Rest Chiles, das liegt schicht und einfach daran, dass ich jetzt da bin wo viele Mapuche (die indigene Bevölkerung) wohnen. Sie wohnen hier sehr gerne und würden dies auch ungestört tun, wenn die chilenische Staat in den 1960er Jahren nicht den bis dato anerkannten und souveränen (!!!) Mapuchestaat annektiert hätte. Die Mapuche waren nämlich der einzige Stamm der nie besiegt wurde und einen eigenen Staat gründete als es modern war sich von seinen Kolonialherren loszusagen. Von da an wurde ihnen ihr Land Schritt für Schritt enteignet und an deutsche Einwanderer geschenkt, die sich mit guter Infrastruktur und einer funktionierenden Feuerwehr bedankten und dies bis heute machen. Deutsche sind hier also sehr gerne gesehen wie ihr euch sicher vorstellen könnt. Aber die Mapuche sind nicht so schlicht wie manch ein Deutscher, der hier noch immer den berühmten 1.000 Jahren zwischen 1933 und 45 nachtrauert, sie haben dazugelernt. Die Mapuche wollen heute nur in Frieden leben und ihre Kultur pflegen so gut es eben noch geht, was an sich ja kein Verbrechen ist. Nur erkennt die chilenische Verfassung keine Minderheiten an, laut ihr gibt es auf Staatsgebiet nur Chilenen, was an sich zwar nicht nett, aber noch kein Verbrechen ist. Allerdings gibt es da eine unschöne Konstellation mit einem internationalen Vertrag den Chile mit anderen Ländern unter der Führung der USA, nach dem 11.9. unterzeichnet hat, dieser macht solch anti-nationalen Bestrebungen wie die der Mapuche leider terrorverdächtig. So schafft man sich über Nacht eine Terrorgefahr wo vorher nur armes Bauernvolk war. Und so ist es nun ein Verbrechen einfach so in Ruhe vom chilenischen Staat leben zu wollen.
Davon merkt man aber hier recht wenig. Alle sind hier bedacht ihre Kultur nicht zu verlieren und zu vergessen, das ist nichts gewaltvolles. Es tut mir echt nicht Leid falls ich euch jetzt eure Indianderklischees verderbe: Hier rennt niemand im Lendenschurz oder Federn im Haar herum (Ausnahme: Mapuchekinder, die Indianer spielen – ja Ironie, gell?). Die Menschen leben in Häusern haben Fernsehen und fließend Wasser sowie Autos, Mikrowellen und Handys. Ab und zu gibt es feierliche Anlässe, dann zieht man seine Tracht aus dem hintersten Eck des Schranks hervor, fährt oder reitet zum Veranstaltungsort und tanzt dort Tänze die man nie irgendwo sonst aufführen würde (Ausnahme: Touristen). Wen das jetzt in irgendeiner Form an das bayerische Brauchtum erinnert, so ist das durchaus gewollt! Es ist hier kaum anders!!! Hart aber wahr. Die Kinder lachen die Alten in ihren Trachten aus, können selber nur noch die Hochsprache (hier Spanisch) und scheren sich einen Dreck um althergebrachte Traditionen, da der PC oder die Playstation wesentlich interessanter ist. Da wird es doch plötzlich etwas anschaulicher, dieses ferne und fremde Chile (Bier gibt es hier übrigens auch in Litern, nur so zur Desillusionierung!!!). Sind wir nicht alle ein bisschen Bayern/Mapuche…
Ich werde demnächst mal Bilder von unserer kleinen Farm hochladen, noch habe ich keine, weil die Mapuche es überhaupt nicht mögen fotografiert zu werden, meine Gastfamilie ist macht da keine Ausnahme. Ich bin aber sehr zufrieden hier, auch weil ich hier meine bescheidenen Kenntnisse aus meiner Zivizeit wieder gebrauchen kann! Wer hätte das gedacht, da ist man rund 13.000km vom Kinderhaus Peißenberg (ja das gibt es noch!) entfernt und in meiner Familie haben sie ein schwerstbehindertes Kind, mit ähnlichen Merkmalen wie das zu meiner Zivizeit! Da hat die Rosita noch mit einem schockierten Deutschen gerechnet, der hat sich aber nicht schocken lassen und hat gleich mal die Spastik vom Nicolas richtig erkannt und angemessen darauf reagiert. Da ist auch der schelmisch lachende Alfonso begeistert vom Winka (so nennt man Nicht-Mapuche in Mapudungun). Ich sag’s euch, es fühlt sich toll an auch mal Klischees andersherum abzubauen!!! Vielen Dank für dieses tolle Gefühl an meine ehemaligen Kolleginnen im Kinderhaus von dieser Stelle!!!

Fotos

März 2nd, 2008

Ich habe es endlich geschafft die Bilder hochzuladen!!!

Erklärungen folgen sobald ich mal wieder Zeit habe! Viel Spaß!!!

Temuco

März 2nd, 2008

So, jetzt bin ich also da! Don Roberto hat mich am Busbahnhof abgeholt und zu Ingrid gebracht, seiner Schwägerin, dort bleibe ich bis Montag. Wo es danach hingeht will er mir immer noch nicht sagen, was für mich nichts Gutes heißt. Bei Ingrid ist es super, nahe zum Internetcafé aus dem ich das hier schreibe, aber leider wieder einmal keine Bilder hochladen kann (das ist hier echt mal beschissen, weil die wenigsten PCs hier USB-Anschlüsse haben, von Brenner ganz zu schweigen! Und wenn doch, dann haben sie kein Programm zum Bilder verkleinern, was ich machen muss, weil sonst die Galerie nicht mitspielt! 🙁 ). Gestern hat mir Don Roberto (der Gründer der Schule und Chef von Fundecam, dem Betreiber) die Escuela Trañi-Trañi mal gezeigt! Echt schön dort, weit außerhalb im Nichts, aber schön! Dach weiß, Wände blau. 4 Klassenzimmer, eine Küche und ein Kindergarten, dazu ein Garten, der auf Grund der sommerlichen Temperaturen sehr braun daherkommt. Don Roberto ist mit seinem Pick-up gleich mal mitten in die Schule gefahren, da die Chilenen bei Schulen gerne auf das eigentliche Schulhaus verzichten und nur Räume bauendie sie mit überdachten Gängen verbinden, was mir bei der Deutschen Schule schon aufgefallen ist. Das wird im Winter sicher ein Spaß!!! 🙂

Danach sind wir zum örtlichen Vulkan gefahren, eine sehr geile Tour!!! Leider war es am Berg selbst zu neblig um wirklich etwas zu sehen und weil der Vulkan seit 2 Wochen wieder aktiv ist dürfen nur Militärs und Forscher in die Sicherheitszone. 🙁 Mein Studentenausweis hat Eindruck gemacht, aber leider nicht genug – Versuch durchgelassen zu werden gescheitert. Die Mondlandschaft des letzten Ausbruchs habe ich dafür gesehen! Zwar wächst schon wieder was aber man riecht es noch. Sehr eindrucksvoll, ehrlich. Mann bekommt wieder etwas Ehrfurcht vor den Naturgewalten und das schadet nie.

Es mag am schlechten Wetter (wenn man starke Bewölkung als so was zählen kann) oder am zähen Informationsfluss, aber hier macht meine Stimmungskurve zum ersten Mal einen Knick nach unten. Vielleicht ist es auch das Bewusstsein, dass ich hier nun bleiben muss und nicht mehr rumreisen kann wie ich es mag. Ich bin eh nicht dafür bekannt mich leicht festzulegen, und wenn ich es dann doch mache bin ich immer schlechter Stimmung, das war immer so und trifft sicher auch jetzt zu, denn ich weiß, dass Temuco nicht schlechter ist als die anderen Städte (Ausnahme Valpo!) die ich bislang gesehen habe. Man wird sehen. Bis dahin befürchte ich mal dass ich nahe der Schule im Nichts der Mapuche wohnen muss und nur noch am Wochenende raus/rein in die Stadt oder in die Berge komme. Stellt euch auch mal darauf ein jetzt mal länger nichts von mir zu hören oder zu sehen. Klingt wie ein Abschied, das wollt‘ ich nicht! Bis gleich also…

Der steinige Weg zum Berg

März 1st, 2008

Am ersten Tag (Ankunft) in Talca hab ich erstmal gechillt und mir von der Sonne den Bauch wärmen lassen. Hier war ja bislang immer Sonne, was heißt, dass ich schon schön braun geworden bin – am Hals und an den Unterarmen! Um nun also den Rest etwas anzugleichen habe ich mich an den Pool gelegt und mit einem Stuttgarter Pärchen eine Wanderung im nahe liegenden Nationalpark ausgemacht. Am nächsten Tag um 8 Uhr morgens ging es also in deren Mietauto, einem Chevrolet Corsa, Richtung Nationalpark. Die Wanderung war genial! Wieder einmal wunderbare Aussicht in die Anden, diesmal etwas näher als auf der Campana, aber ich will hier nicht wieder Naturbeschreibungen aufzählen und schwärmen wie toll doch alles ist. Der Weg zum Park war im nachhinein die wahre Sehenswürdigkeit!!!

Im Hotel sagen sie es sind circa 14 km sobald man die Teerstraße verlässt. Aber die Strasse würde gerade erneuert, egal. Wir verlassen also die Teerstraße und sehen schon die Baustelle: Sieht eher so aus, als würde die Strasse neu gebaut. Vor uns warten schon zwei Autos um die eine Geröllspur auf der nicht gebaut wird, zu passieren. 15 min später kommt dann mal ein Auto entgegen, der Fahrer überreicht dem Aufpasser einen Staffelstock und fährt weiter (geile Idee, oder?). Jetzt sind wir dran. über das pure Geröll geht es 3 km, von Strasse ernsthaft keine Spur, auch von Bauarbeiten nicht! Am Ende der einen Spur befindet sich wieder ein Aufpasser, der Fahrer hinter uns gibt brav Stöckchen. 2 km auf einer grauenhaften Schotterstraße kommt uns ein Baufahrzeug entgegen; und sie bauen doch! Jedenfalls schütten sie Kies auf den Boden, so sehen auch die nächsten 3 km aus. Danach geht’s wieder einspurig über eine abenteuerliche Holzbrücke.  Jetzt sieht man sie auch, drei Arbeiter schaufeln irgendwas hin oder her, man erkennt es auf Grund der Langsamkeit ihrer Bewegungen kaum. Und wieder sind rund 5 km geschafft. Doch anstatt des Nationalparks finden wir großes Straßenbaugerät bei der Arbeit. Ein Bagger verbreitert die Spur, von echten Straßenarbeiten keine Spur. Es geht nochmal über eine Holzbrücke, danach über eine bereits fertige Betonbrücke. Das ist echte Erholung!!! Nach 20 km derbste Schotterstraße endlich mal 300 m Beton/Teer! Wahnsinn! Die Stoßdämpfer und unsere Hintern vibrieren noch nach als es schon wieder losgeht. Hier wird nicht mehr gebaut, es folgen 10 km Schotterstraße, die so sein soll wie sie ist. Absolut nervtötend! Vorbei an Campingplätzen und Pensionen geht es und wir fragen uns warum in Dreiteufelsnamen es die Chilenen nicht schaffen mal wenigsten ein Stück der Strasse fertig zu machen? Hier werden 20 km Strasse auf einmal gebaut, jeder Arbeitsschritt von den gleichen 10 Typen, die nochmal 10 Typen brauchen um ihren Bauabschnitt zu sichern und obendrein arbeiten sie meistens mit Schaufeln! Wahnsinn! Kein Wunder das ein 2 km Stück Strasse in Santiago, das 1997 bereits fertig sein sollte, immer noch keine Teerdecke hat, die Arbeiter sind noch hier und schaufeln Dreck! 😀

Naja, die Wanderung hat die „14 km“ entschädigt. Vielleicht haben die hier auch eine andere Meter zu Kilometerumrechnung, denn auf dem Kilometerzähler im Auto standen am Nationalpark nicht 14 sondern fast 40 km mehr als auf dem Straßenschild an der Abzweigung vor der Baustelle! Mir soll’s wurscht sein, nur die beiden Stuttgarter hatten etwas Sorgen um ihr Mietauto, völlig zurecht, der der Rückweg war ja genauso krass!!!

Am letzten Tag in Talca hab ich es nochmal ruhig angehen lassen. Und jetzt, ja jetzt bin ich in Temuco und werde mal schauen was der Ort bringt!

Volksbus

Februar 27th, 2008

Da ich am Montag zu spät gecheckt habe, dass ich mich um ein Busticket kümmern sollte (vielleicht lagen mir noch die beiden letzten Tage in den Beinen 🙂 ) bin ich auch am Montag noch bei den Kerschers geblieben, die mich Gott sei Dank nicht ganz so schnell loshaben wollten! Wir haben also noch die Deutsche Schule angeschaut. Feines Gelände, Hut ab sag ich da nur! Wenn es Winter ist übernimmt das der Wind der hier durch das offene Schulhaus pfeift, ansonsten wenig zu beanstanden (mit der Ausnahme, dass ich hier noch nicht arbeite! 😉 ). Danach ein feines Risotto und eine Runde am Strand. Beides der Rede wert! Aber der wahre Gentleman genießt und schweigt! Ich habe schon über Valparaíso ewige Schwärmereien und Lobeshymnen verbreitet, darum will ich mich jetzt mal zurückhalten ]:-)

Im Turbus ging es also dann man Dienstag früh um 7 Uhr los in Richtung Talca, wo ich einen kleinen Zwischenstopp vor Temuco machen will. Fünf Stundem fahrt also in einem bequemen Mercedes-Benz-Bus der am Heck stolz den übergroßen Aufkleber „Made in Brasil“ trägt. Na, das ist doch mal schön. Die Konkurrenz fährt mit dem ebenso schicken Modell „Volksbus“ von VW, als Logo leisten sich die Wolfsburger (oder Brasilianer? Ich weiß nicht!) allerdings nur einen Aufkleber. Der sieht im Vergleich zum Blech-Benz-Logo etwas schäbig aus, die Innenausstattung ist aber gleich bequem. So mache ich es mir also mit Musik gemütlich und sinniere über andere Automarken jenseits von VW die hier Busse machen und zu Hause nicht. Vauxhall ist hier ja auch Chevrolet, aber ein Astra ist es allemal. „Valpo war schöner“ denke ich mir und meine damit nicht nur die Globalisierung sondern vor allem die Orte südlich von Santiago. Aus meinen Träumereien weckt mich der Fernseher über mir. Das Columbia-Logo ist noch zu sehen, dann fällt das Bild aus, der Ton ist aber immer noch nervtötend! Ich habe ja bereits in einem anderen Beitrag gesagt, dass die Busse hier gerne Flieger wären. dazu gehört natürlich obligatorisch das Vorführen eines Films. Nach 45 Minuten stellt sich das Bild wieder ein und ich erkenne, dass ich „Hollywood Cops“ gehört habe. Feine Sache, Harrison Ford auch mal Spanisch reden zu hören. Die Landschaft wird grüner, die Häuser ärmlicher aber nicht schlimm. Personalisierte Werbung saust an mir vorbei: so wirbt eine Baufirma für ihre Ziegel mit der Behauptung, in Talca baue man nur mit ihrem Produkt. Eine Apothekenkette schließt sich kurz darauf an und sagt „In Talca gibt es kein Kopfweh!“ Na dann, auf nach Talca, denk ich mir. „In Talca ist niemand allein“ teilt mir eine nationale Versicherung einen Kilometer später mit. Gute Sache so eine Werbefirma, da hat man mal eine gute Idee und für etwas Kleingeld darf jeder mal den feinen Spruch auf sich ummünzen. „In Talca tragen die Leute Schuhe“ denke ich mir als ich eine Werbetafel mit einem Lederschuh erkenne. War aber nix, langweilige Werbung ohne den „innovativen“ Spruch von eben. Ach was soll’s, wir sind eh schon da. Noch mal kurz auf den Topf hinten im Bus und schon sind wir im Terminal. Ich wehre mich irgendwie „Busbahnhof“ zu sagen, aber ich glaube das ist das deutsche Wort oder? Klingt jedenfalls irgendwie komisch. Anregungen bitte als Kommentare zum Eintrag!!! Egal, alle Chilenen fahren jedenfalls Bus und dem entsprechend groß sind auch die Terminals (dieses Wort transportiert so schön die hier angestrebte Flughafensymbolik, toll!). Auch so ein Nest wie Talca hat gleich mal 30 davon und alle sehen rege benutzt aus. Kein Wunder: billiger (rund 10€ von Viña bis Talca) als mit Bus geht es nicht! Alle fahren mit, VW hat also mit seinem Modellnamen echt den Nerv getroffen. Das hat aber auch der Leiter des Casa Chueca, für mich jedenfalls. Gut 10 km außerhalb Talcas, mit dem Bus locker und für 20 Cent zu erreichen, lasse ich es mir allein im 6er-Zimmer oder am Pool gut gehen. Schön der Kontrast zur Stadt!!! Absolute Ruhe und Entspannung, bevor es dann wieder auf einen Berg geht, diesmal etwas näher an den Anden.

Ein Traum in Wellblech

Februar 25th, 2008

Ausschlafen war am Sonntag nicht, die Tour noch in den Beinen ging’s um 9 Uhr zur Metro von Viña del Mar die drei Stationen nach Valparaíso. Eine schöne neue Bahn war das, die uns direkt zur Hafenpromenade gebracht hat. Die Kerschers haben uns einen eigenen Stadtführer gebucht, der sogleich in schnellstem Spanisch begann uns den Hafen zu erklären (ich habe die Theorie aufgestellt, dass gebürtige Spanischsprecher ein Gen haben, das ihnen erlaubt einen hohen Prozentsatz des zum Leben nötigen Sauerstoffs durch die Haut aufzunehmen). Auf dem Pier ging’s ordentlich zu weil ein Triathlon entlang des Hafens stattgefunden hat. Feine Sache, vom Radl runter und rein in den Neoprenanzug um zur nächsten Boje und zurück zu schwimmen, was im kalten Humboldtwasser vom Hafen definitiv kein Familienausflug ist! Der Blick auf die Stadt entschädigt aber für alles!!! Valpo (so sagt man das als einer der sich hier auskennt! 🙂 ) liegt in einer großen Lagune, die sich nach Norden öffnet, nicht wie andere Städte hier in der Ebene, sondern viel mehr wie Rom auf ein paar Hügeln. Der Chilene zählt gut 40 davon und sagt dies auch stolz mit Referenz zur ewigen Stadt. Valpo scheint nicht ewig zu sein. Die zahlreichen Erdbeben die die Stadt seit ihrer Gründung 1544 durch die Spanier zerstört haben, sorgten für steten Baufluss. Das letzte Erdbeben in den 1980ern hat noch einmal vielen alten Gebäuden den Rest gegeben. Wer jetzt aber denkt Valpo wäre ein Mekka moderner, ewig gleicher Fertigbaukunst der irrt sich gewaltig. Valpo ist nicht wie andere Städte, schon gar nicht wie andere chilenische Städte und Häuser aus der Kolonialzeit gibt es auch noch! Wo sonst der geplante Stadtbild mit Hauptplatz im Zentrum und parallelen Straßen rund herum vorherrscht, vergleichbar mit einem karierten Blatt aus der Grundschule (ungelocht ohne Rand 😉 ), ist Valpo vergleichbar mit einem eben solchen Blatt, dass man zerknüllt und an manchen Stellen eingerissen hat und sodann darauf wartet, dass es sich von ganz alleine wieder ein Stückchen auffaltet. Das kommt an einem Stadtplan Valpos sehr nahe. Die Stadt ist bereits sehr früh aus der spärlichen Lagunenfläche die einzelnen Hügel hinauf gekrochen. Da wo Platz war wurde gebaut (zerknüllte Kästchen), dort wo kleine Rinnsale die Hügelflächen eingeschnitten haben und so zwei Hügel von einander getrennt haben, wohnt und baut niemand (Risse und Falten im Papier). So wurden über die Jahrhunderte einer nach dem anderen alle Hügel bebaut so dass heute rund 300.000 aus ihren Häusern mehr oder minder gut auf die Stadt und ihren Hafen blicken können.

Wir gehen vom Hafen in Richtung Marktplatz durch ein Bauhausstilviertel aus den 1920ern. Gebaut für die Professoren der einst namhaften Uni nebenan ist es heute etwas verkommen aber nicht unansehnlich. Die Runden Formen der Häuser mit ihren bunten Farben passen sehr gut in das quirlige geschehen zwischen Hafen und Markt. Der Markt selbst ist in auffälligem gelb und Rottönen gehalten, deren schwarze Abgas- und Schmutzränder mich irgendwie an Deutschland während der WM erinnern, komisch die Assoziation ich weiß. Innen drin ist man wie in einer anderen Welt. Händler preisen brüllend ihre Waren an, Hunde und Katzen schlafen und streunen wie es ihnen passt durch die engen Gänge, alle Ladenabteile sind durch Gitter verschlossen. Der Markt hat eben geöffnet, noch ist also kaum was los. Das Marktgebäude ist wie ein Kolosseum, hoch, rund und laut. Eine Kombination aus Ziegel und Stahlkonstruktion, die an den Eiffelturm erinnert, kein Wunder der gute Gustav Eiffel hat ja auch hier so einiges (neben Marktplätzen)  gebaut bevor er Paris eine Sehenswürdigkeit verpasst hat. Im oberen Stockwerk des Marktplatzgebäudes finden sich kleine Imbissbuden und Restaurants, es ist schön da oben man hört den Markt und sieht ihn während man seine Köstlichkeiten (sofern es der Magen erlaubt) essen kann. Vor dem Haus ist auf der Hauptstraße ein Straßenmarkt. Wir gehen durch und biegen irgendwann nach links ab zu einem der Hügel. Hier zeigt Valpo seinen wahren optischen Schatz: die vielen kleinen bunten Häuser. Ein Traum in Wellblech! Wirklich wahr. Das soll nicht geringschätzig wirken. Valpo ist eine einziges Postkartenmotiv, wo man hinschaut die Ästhetik des Niedergangs. Das Wellblech ist an sich schon sehenswert, aber oft ist es hier auch noch etwas heruntergekommen und verwahrlost, ohne zu ärmlich oder gar ernsthaft hässlich zu wirken. Ein ganz eigener Stil, der durch das Spiel der bunten Farben bzw. deren fehlen zum Leben erwacht. Man kann sich nicht genug sehen an dieser Stadt. Wo man hinsieht ist sie anders, niemals gleich. Eine echte Augenweide, die ich nicht zu beschreiben vermag, leider.

Um die Hänge hoch zu kommen haben die Bewohner schon früh Aufzüge gebaut, die am Kamm entlang nach oben bzw. unten fahren. Für ca. 100 Peso fährt man mit. Wir nehmen den einzigen unterirdischen Aufzug der Stadt. Er ist in einen ehemaligen Stollen untergebracht. der Blick von oben spottet jeder Beschreibung. Ein Meer aus bunten Häusern, eins aus Pazifik und eines aus Wellblech. Wieder läuft der Foto heiß. Aber warum Wellblech überall? Als der Kupferexport Chiles via Valparaíso Hochkonjunktur hatte, brachten die Schiffe billiges Wellblech als Ballaststoffe mit nach Valpo, welches hier entladen wurde bevor die Schiffe voll mit Kupfer die Heimreise antraten. Daher also Valpos Reichtum an Wellblech. Überall billig verfügbar wurde es zum einfachen Baumittel ebenso einfacher Leute. Die Reichen bauten weiterhin mit Steinen. Heute ist vom Glanze Valparaísos nicht mehr so viel vorhanden. Der Panamakanal und die Diktatur machten der Stadt und seinen Einwohnern schwer zu schaffen. Heute erholt sie sich sichtlich. Wo man früher nur die übrige Schiffsfarbe an die gammligen Wellblechwände geschmiert hat, verkünstelt man sich heute mit Absicht. So kamen und kommen Farbkombinationen zustande die man so im Kunstunterricht nicht als Komplementärkombinationen gelernt hat, besonders zumal sich hier die Nachbarn nie abzusprechen scheinen. Aber genau das macht den Reiz der Stadt aus. Und genau so wird die untypischste Stadt Chiles doch zu einer unverwechselbar chilenischen Kulturmanifestation: der (hoffentlich noch nicht allzusehr überstrapazierte Begriff) Gegensatz ist der Schlüssel. Während sich in Santiago und überall sonst Arm und Reich nach Vierteln trennen, leben sie hier noch relativ gemeinsam nebeneinander (eine grobe Aufteilung nach Hügeln ist natürlich nicht von der Hand zu weisen, jedoch bei Weitem nicht so extrem wie anderswo). Hier hat man renovierte neben verkommenen Häusern, Wellblech neben Stein. Giftgrün neben Grau oder Lila. Egal wo man hinkommt, immer das gleiche Prinzip, aber immer andere Wirkung mit dem Ergebnis, dass man sich nie traut die Kamera wegzustecken und wenn man mit dem Minibus die engen Strassen entlang schießt, fühlt man sich wie im Traum. Immer glaubt man etwas Wundervolles gesehen zu haben, das im nächsten Moment noch schöner wird, dann aber genauso schnell verschwindet wie es aufgetaucht ist nur um vom nächsten Wunderbaren gefolgt zu werden und am Ende der Fahrt steigt man aus wie man morgens aufsteht: Man wundert sich, hab ich das eben wirklich gesehen? War das echt? Wie war es überhaupt? Und schon hat man es vergessen, weil man zwischen zwei bunten Häusern den Hafen und das Meer sieht, die Kamera raus zieht und nach dem perfekten Winkel für das nächste Foto sucht. Ihr glaubt gar nicht welch geniale Sachen ich gesehen hab, ich tu‘ es ja selbst nicht und mit Fotos beweisen kann ich es leider nicht, weil ich im Entscheidenden Moment zu langsam war. Oder war es Traum?

Egal, Paolo Neruda jedenfalls war sich Valparaísos magischer Musenwirkung absolut bewusst, weshalb der Schriftsteller bereits lange vor dem Gewinn des Nobelpreises eines seiner drei Häuser hier baute. Beste Sicht der ganzen Stadt. Unbeschreiblich! Aber auch das Haus selbst ist ein Leckerbissen der Architektur. Neruda liebte Schiffe und das Meer, obwohl er selbst nie gerne mit dem Schiff fuhr. Sein Haus „La Sebastiana“ ließ er daher bauten wie ein Schiff. Vierstöckig, mit sehr engen Gängen, in denen man zu unweigerlich wanken beginnt, ohne dass die Erde bebt. Der Schiffscharakter ist definitiv spürbar. Und immer kleine Ticks, wie eine Treppe die um die Kurve an die Wand führt oder ein Waschbecken, das nie einen Wasseranschluss hatte. Mit jedem Stock wird die Aussicht über Stadt und Hafen auf die tiefblauen Weiten des Pazifik immer noch genialer und atemberaubender. Dazu nie zu enden scheinende Details wie ein goldenes Heiligenbild neben einem goldenen Szene asiatischer Bauern. Kitsch, klar, aber die beiden hängen nebeneinander als seien sie vom selben Künstler! Gleiche Masse, gleiche Farbe, gleicher Stil – aber fundamental andere Kultur!

Schwer beeindruckt verlassen wir Nerudas Heim und nehmen einen Ascensor (die typischen Seilbahnen) runter von diesem Hügel. Immer noch die gleiche Konstruktion und ein und dasselbe Material von 1910 wohlgemerkt!!! Unten angekommen geht es vorbei an kleinen Krimskramsläden durch geschäftige Straßen zu einer engen, unsicher aussehenden Gasse. Am Ende der von Graffitis übersäten Häuserschlucht erwartet uns ein ehemaliger Militärclub. Zu Pinochets Zeiten nur von den obersten Militärs besucht hat sich das Lokal in den letzten 10 Jahren um 180 Grad gedreht. Der kitschige Pomp von früher steht noch immer in mit Edding verschmierten Vitrinen, die Farbe an der Wand unter den Schmierereien und zahllosen Zetteln kaum noch zu erkennen. Der Laden ist randvoll mit Leuten. Ein unheimlicher Lärm. Man kommt kaum durch die Reihen, denn wo Platz ist, steht ein Tisch oder zumindest ein Stuhl. Das Restaurant ist immer so voll, von Öffnung bis Zapfenstreich! Die Leute warten auch gern stundenlang auf einen Platz. Am Essen kann das kaum liegen, denn es gibt nur ein Gericht (Fleisch auf Pommes mit Zwiebeln und Chilisoße) und das eben nur in verschiedenen Größen. Es ist das absolut unvergleichliche Flair. Ich sage das mit voller Überzeugung: Ich weiß sicher, dass ich noch nie in meinem Leben in so einem atemberaubenden, die Sinne überflutenden Lokal war und ich bin mir 100%ig sicher, dass ich so etwas NIE wieder erleben werde!!! Absolut unbeschreiblich, mir fehlen auch fast eine Woche nachher noch die Worte. Ehrlich. Man muss es gesehen haben und man muss es vor allem gehört haben. Wie aus dem nichts taucht plötzlich ein alter Mann mit Baskenmütze und Gitarre auf und begleitet seine Folkloregesänge, allesamt Liebeslieder auf Valpo oder Chile. Das verzückt die Einen und lässt die Anderen kalt, wie man es eben zu seinem Essen gerne hat. Ein Wahnsinn, so cool, dass ich leider nur ein Bild machen konnte. Manche Sachen sind eben zu überwältigend um noch Bilder zu machen.

Man kann sich in Valparaíso nie so ganz sicher sein was gerade abgeht. So etwa als ob man beim morgendlichen Weg zum Kühlschrank versehentlich mit dem einen Fuß in ein alternatives Universum getreten ist. So fahren hier Stadtbusse aus den 1940ern und früher! Wer innen genau schaut, erkennt auch noch alte Hinweistafeln in Deutsch oder Französisch, Englisch oder sonstwas, das kommt immer auf den Bus und dessen Herkunft an. In Valpo hat man nämlich seinerzeit alle Restbestände aus sämtlichen europäischen Metropolen aufgekauft und durch die Diktatur gebracht. Musste man auch, weil das Geld knapp war. Heute ist wieder etwas Geld da und weil man hier sehr Umweltbewusst ist, hat man alle Busse inzwischen mit Elektroantrieb nachgerüstet! So fahren diese Schiffe noch heute, wie Straßenbahnen am Netz, durch die Stadt. Was erzählen hier bloß die Opas ihren Enkeln? „Früher sind wir noch mit ganz anderen Bussen gefahren“ jedenfalls nicht! 🙂

Durch malerische Viertel/Hügel geht es weiter, vorbei an der ehemaligen Deutschen Schule (nach einem Erdbeben nur noch als Ballsaal nutzbar), englischen und deutschen protestantischen Kirchen (die englische ist älter und durfte deshalb keinen Turm haben, damit sie nicht so auffällt im katholischen Chile! Minarettdiskussionen in Deutschland lassen grüßen) und allerhand Cafés. Man fühlt sich wie am Mittelmeer! Valpo ist was das angeht eh ein einzigartiger Hybrid: Hier leben Engländer, Deutsche, Franzosen, Holländer und Italiener (in dieser Reihenfolge der Menge) nebeneinander und das schon seit über hundert Jahren!!! Ein früher Prototyp der EU möchte man meinen. Funktionierte auch sehr gut, wenn man heftigste Spitzelaffären während der Weltkriege mal außen vor lässt. So geht man am Casa Heidi die Calle Schmidt entlang, biegt ab in die Calle Brighton dort ist das Menoiré Atkinson an der Ecke Brighton/Hochstetter. Mal eine etwas andere und, wie ich finde, sympathischere Art des Globalen Dorfs als McDonalds & Co.

Zu Guter letzt haben wir dann noch eine Bootsrundfahrt durch den Hafen gemacht. Allein das Aushandeln mit welchem Boot man fährt ist die Anstrengung wert. Hier wird gebrüllt, gezerrt und abgedrängt. Auf dem Festland sieht es ähnlich aus. Aber der Blick fasst den Tag noch einmal eindrucksvoll zusammen. Die satten Farben der Stadt in vollen Umfang vom Meer aus, zwischen Seelöwen und Marinekreuzern (den Holländern abgekauft und modernisiert, die Seelöwen sind einfach so da!). Völlig ermüdet und mit schlaffen Beinen geht es zurück zur Metro. Was für ein Tag! Kann es kaum erwarten mal wieder nach Valpo zu fahren…

Im Frühtau zu Berge

Februar 24th, 2008

Man spricht Deutsch im Ferienheim der Deutschen Schule. Ich sitze im großen grünen Park in meiner Badehose und lasse mir die letzten Sonnenstrahlen auf den Bauch scheinen. Neben mir der Pool, in dem ich gerade schwimmen war. Zwischen Palmen und Nadelbäumen, chilenischem Burger und Bier lässt es sich gut leben! Vereinzelt hört man Deutsch, die Bedienung kann nur Spanisch. Ein Bild wie es in Europa genauso zu erleben ist, nur was ich vorher gesehen habe, kann man in Europa nicht so leicht sehen! Früh morgens ging es los, in Kerschers Auto in Richtung Limache. Die gut ausgebaute Autobahn entlang eines Tal, rechts und links abwechselnd Obst- und Weingüter. Nach ca. 20 Minuten erreichen wir Viña del Mars Hausberg „La Campana“ (dt. „Die Glocke“). Vom Campingplatz am Fuße der Campana gehen wir los, durch einen dichten Wald den steilen Weg hinauf. Der windet sich vorbei an Schluchten, Kakteen, staubigen Abschnitten und schroffen Geröll. Nach zwei Stunden wird der Bewuchs immer spärlicher und brauner. Stark schwitzend schleppen wir uns weiter, noch 45 Minuten bis zur ehemaligen Mine. Weiter geht’s, der Weg wird nicht weniger steil. An der Mine gibt es eine längere Pause. Irgendwie schon gut zu wissen, dass wir den Weg selbst hochgegangen sind! Neben uns holt eine chilenische Familie Getränke und Essen aus ihrem Pickup, schon schwer so im Freien, ohne Klimaanlage. Deren Papa ist immerhin selbst hier hochgefahren auf der Schotterstraße auf der anderen Talseite. Wird dauern bis er das Auto morgen wieder poliert hat (ich hoffe die Ironie ist dick genug!). Die andere Familie bei der Mine ist wenigstens hoch geritten, sehen aber trotzdem entspannter aus als die Pferde. Der Ausblick beeindruckt aber alle, ob verdient oder nicht. Bernhard und Katherina haben genug und gehen zurück. Jakob und ich wollen mindestens noch hoch zur Darwinplakete, vielleicht sogar zum Gipfel. Die Jugend halt. Auf geht’s wieder einmal. Gestrüpp, Staub und Schweiß. 45 Minuten später stehen wir vor der mickrigen Plakette und lachen sie aus. Chile war nie ein wirklich reiches Land und wer würde hier herauf auch etwas größeres als diese lahme Tafel tragen. Also auf zum Gipfel! Jetzt wird’s wild! Der Weg ist im Schotterfeld kaum noch auszumachen. Steine lösen sich leicht. Außerdem sind wir aus dem Schatten der Campana, was soviel heißt wie: „Scheiße, dagegen war’s ja vorhin ernsthaft kalt!“ Meine Hose klebt bei jedem Schritt im selbigen und an den Beinen. Ich verfluche mein Kurzzeitgedächtnis, weil ich meine Bergsocken in Augsburg liegen habe. Das Schotterfeld ist endlich überwunden und wir haben nun das letzte steile Stück vor uns. Steiler als alles zuvor. ast wie ein Klettersteig, nur ohne Hilfen. Der Schweiß rinnt mir nun vom Rücken direkt in die Socken. Eine Erfahrung die Familie Neureich-Gonzalez niemals machen wird solange die Klimaanlage funktioniert. So rede ich mir die Lage schön bis ich über die immer raueren Felsen die ersten verschneiten Andengipfel am Horizont erkenne! Der Rest ist wie im Rausch. Die Füße werden leichter und sie tragen mich locker die letzten Meter hoch zum Gipfel. Der Anblick ist gigantisch!!! Das Meer auf der einen, die Anden auf der anderen Seite. Die chilenische Flagge weht leicht im Wind, während über mir ein Kondor majestätisch seine Runden dreht. Zufrieden sitze ich da und schaue um mich. Jakob macht es ähnlich. Eine Tour für meinen Exkursionsführer habe ich. Auch die Zulassungsarbeit scheint hier leicht, als trotze sie der Schwerkraft wie der Kondor, der Richtung Anden verschwindet. Ein schöner Vorgeschmack auf die Anden um Temuco. Auch ein schöner Vorgeschmack auf den Pazifik, der ebenfalls zum greifen nahe scheint. Chiles schlanke Figur, so übersichtlich, aber trotzdem unmöglich auf ein Bild zu bannen. So bleibt mir nur die Erinnerung an die unglaubliche Nähe der beiden Extreme, die man in diesem Moment spürt. So geht es dann wieder bergab. Unten warten die Kerschers mit Wasser und einem besonderen Schmankerl. Es geht ins Ferienheim der Deutschen Schule! Ahhh, ein Pool, Essen und die letzten Sonnenstrahlen eines tollen Tags. Ein perfekter Abschluss, meinen auch meine Füsse!

Es ist viel passiert…

Februar 23rd, 2008

Im Hostel hab ich eine sehr schlechte Internetverbindung, weshalb meine Einträge immer ein paar Tage hinterherhinken. Ich werde mal versuchen etwas auszuholen: (in keinster Weise „poetisch“, sorry 🙁 )

Mein Sprachkurs in Santiago ist seit Freitag vorbei und ich bin auch gar nicht mehr in Santiago. Ich habe das gastliche Atacama Hostel verlassen (Sebastian, der zurzeit im streikenden Peru sitzt, wird es ja noch kennen lernen und seine lahme Internet Verbindung fürchten lernen! 🙂 ). Mit dem Bus ging es am Freitag Nachmittag nach Viña del Mar. Echt locker: 2 Stunden Fahrt im klimatisierten Bus für 4000 Pesos (ca. 6€). Das soll ihnen die Bahn erstmal nachmachen!!! Und jetzt kommt’s: ALLE 10 MINUTEN GEHT EINER!!! DAS soll ihnen die Bahn erstmal nachmachen! Und weil die Firma Turbus mit der Zeit geht, gibt es auch eine Anzeige vorne im Gang, auf der der interessierte Fahrgast sich über Reisegeschwindigkeit, Name und Fahrzeit des Fahrers, sowie gelegentlich Position des Busses informieren. Dieser Service ist in meinen Augen wie ein Fußkettchen, schön anzuschauen, aber doch irgendwie nutzlos, weil man eh kaum was daran ändern könnte! Er fährt nun mal wie er mag und wie lange er mag, und würde man ihn auf zu lange Fahrzeiten hinweisen wären alle im Bus sicherlich gar nicht dankbar, denn man will ja auch mal ankommen. Aber trotzdem: Schön anzuschauen ist’s allemal!

Hier in Viña habe ich Unterschlupf bei den Kerschers gefunden, bei meinem ehemaligen LK-Lehrer. Grandios! Aber dazu später…

Arbeit im Mokka

Februar 23rd, 2008

Ich war letztens mit Gustavo in einem sehr edlem Stadtteil von Santiago. Dort in Vitacura gibt es ein riesiges nobles Einkaufszentrum und dort wiederum ein Café.

Ich verlange ab jetzt nicht mehr im Augsburger Mokka sondern nur noch HIER eingeteilt zu werden!!! 😉mokka.jpg